Sonntag, November 26, 2006

wenn man sich zusammenreißt

Gestern riss ich mich zusammen und setzte mich nach Wochen des Ver- und Hinausschiebens in diesen Stuhl ... beim Friseur.

Es gibt wenig Schlimmeres, denn diese Friseurinnen und ich - wir sprechen nicht die gleiche Sprache ... jedesmal wiederhole ich mein Sprüchlein, ich will es kürzer und vorne länger als hinten. Es wird niemals so, völlig egal, dass meine Haare das längenmäßig hergeben würden, sie werden auch vorne kurz.

Ich also als nervöses Wrack auf den Sessel gekrabbelt, kommt eine Furie aus dem Hinterzimmer gestürmt, wird üblerweise von einem Pärchen aufgehalten, das sie darüber ausfragt, welche Haarfarbe denn dem männlichen Teil des Pärchens stehen würde und sie meint, es gäbe keine Ansichtsbücher zum Betrachten, die Herrschaften sollten sich eine Farbe doch bitte vorstellen und ihr beschreiben ... ich versinke in meinem Sessel, die Hoffnung hegend, sie möge mich übersehen, jedoch, sie baut sich murmelnd hinter mir auf, was man sich doch von manchen Kunden so am Abend anhören müsse. Ich hätte jetzt argumentieren können, dass es so zurückschallt, wie man hineinruft, doch wer bin ich, in ihrer Erziehung herumzufuchteln ... statt dessen wühlt sie meine Frisur durcheinander und fragt mit Grabesstimme, was denn da zu machen sei.
Ich setze also mein freundlichstes Lächeln ins Gesicht, sage mein Sprüchlein auf: den Nacken frei, etwas angeschnitten und vorne länger als hinten. Als sie die Hände so in die Form hält, die sie für den Haarschnitt vorgesehen hat, beruhigt sich meine Gänsehaut, denn die Fingerspitzen neben meinem Kinn liegen eindeutig tiefer als die Handwurzeln im Nacken, sie scheint zu wissen, was sie tut, sie erzählt was von nem Bob und richtig angeschnitten und kurz stelle ich mir diese gegelten Entenbürzel vor, die sich junge Mädchen vor einzwei Jahren als Frisur auf den Kopf klebten ... leider muss ich meine Brille abnehmen und bin somit für die nächste halbe Stunde hilflos ihr ausgeliefert, doch was solls ...

Eine Seite liegt nun gekürzt an, da denke ich mir, ich könnte ja mal was sagen, drehe den Kopf so, dass ich im Spiegel sehen müsste, was sie angerichtet hat, und meine lockerlässig nebenbei: "Ganz schön kurz!" Im Spiegel seh ich auch noch, wie ihr die Gesichtszüge entgleiten, das war selbst ohne Brille eindeutig, hatte sie doch weisungsgemäß ca. 15 cm abgeschnitten und ich bemühe mich eilends hinzuzufügen: "Daran muss ich mich erst gewöhnen." Danach ist die Gute bereit, ein normales Friseurinnengespräch zu führen, wie sich das zum Friseurbesuch gehört und es wurde so nett, auch der Schnitt (den ich beinahe noch um einen Farbgebung erweitert hätte, wenn nicht der Uhrzeiger massiv bedrohlich gewinkt hätte), dass ich ihr anschließend noch einige Salatköpfe aus meinem Leib- und Magen- Einkaufsparadies mitbrachte, was sie nicht mehr schaffen konnte, da ihr und "mein" Laden gleichzeitig zumachen sollte.

So retteten wir uns gegenseitig den Tag und ich konnte vergnügt zur Verabredung zum Abendessen losdüsen ...

1 Kommentar:

  1. Es scheint sich hier wie mit Ärzten zu verhalten: Entweder hat man einen ganz, ganz netten, der aber leider seinen Job schlecht macht, oder einen ganz komischen oder übellaunigen, der einen dafür gut gesundet...

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