Samstag, September 23, 2006

wenn man in ein Möbelhaus geht

Sechs Wochen oder so ist es her, da fiel Männe ein, dass wir doch endlich die langgewünschten Schuhschränke besorgen könnten, also packten wir Kind und Kegel ins Auto und fuhren (nach einem Abstecher in ein richtiges Möbelgeschäft, in dem wir anscheinend nicht die richtige Klientel darstellten, denn weder ein Verkäufer noch sein weibliches Pendant ließen sich sehen), alle Mann hoch nach Wallau nach IKEA. Seit meinem letzten Besuch dort hatte sich mächtig was verändert, 15 Jahre machen einiges aus, wenn man nicht aufpasst, es war also alles neu.

Da wir ja intelligente Kunden sind, hatten wir vorher in einem Katalog geblättert und auch im Internet auf der Homepage geikeat, wir wussten relativ genau, was wir wollten, stiefelten die Treppe hoch in das Obergeschoss und das Drama nahm seinen Lauf ... Kinder im Märchenland beschreibt die Situation wohl richtig, wir mäandrierten von links nach rechts, malten uns aus, welches Möbel wohl besser zu unserem heimischen Chaos passte oder Ordnung in Selbiges würde bringen können, am Ende kamen wir mit einem überdimensionalen Drachenstofftier heraus und der Gewissheit, beim nächsten Besuch das Richtige mitzunehemen.

Ob es sich wirklich so abspielte, kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen, doch es könnte so gewesen sein, denn nach unserer Rückkehr stand kein Schuhschrank zum Aufbauen im Haus.

Heute nun urplötzlich der erneute Versuch. Da wir den Anhänger hätten entladen müssen, wagten wir das Risiko, setzten uns einfach alle wieder in die Familienkutsche mit Ziel Wallau. Den Eingang kannten wir nun schon und auch die Versuchungen auf der dunklen Seite, wir machten also die Augen fest zu und nahmen den kürzesten Weg, was gar nicht so leicht ist, immerhin ist am Samstag bei IKEA in Wallau alles, was zwischen Wiesbaden und Frankfurt wohnt, dort, und die Wegführung im Haus liegt strategisch zwischen allen Angeboten, mit denen der Laden aufwarten kann, doch wir schafften es, ohne größere Unfälle im SB-Möbelabteil anzukommen.

Per Computer suchte ich das Regal, er spuckte eine Artikelnummer aus, worauf mir dämmerte, dass möglicherweise der von uns ausgesuchte Artikel inzwischen aus dem Programm genommen worden sein könnte. Ich malte mir aus, wie wir erneut zwischen all den Möbeln unentschlossen hin und her wanken würden und erwartete eine Ohnmacht, doch da stand als Held in schimmernder Rüstung ein IKEA-Mitarbeiter hinter seinem Counter - ich flog auf ihn zu und flehte um Hilfe ... er sah in seinem Rettungscomputer nach und teilte stolz mit, der Artikel sei in rauen Mengen im 0-Regal zu finden, das sei jenes Regal, das nicht wirklich ein Regal ist, da es in der Mitte einfach lauter aufgestapelte Artikel beherberge.

Alles, dass wir ihm nicht auf Knien dankten, wir stürzten uns also zurück ins Getümmel, erretteten vier Kartons und schoben unsere Errungenschaft zur Kasse.
Ein wenig verwundert hob Männe noch die Tagesdecke und die Hausschuhe auf das Laufband, ich erklärte ihm, es seien dringend benötigte Utensilien, doch ich hätte keine Ahnung, wie diese auf den Wagen gekommen seien, die Kassiererin kassierte ab, nannte den Preis, Männe bezahlte, das können Männer am Besten, der Kleine nölte, er wolle eine Bratwurst und ich wunderte mich ... irgendwie waren wir an ein seltsam günstiges Sonderangebot geraten, doch da Männe anstandslos bezahlt hatte, würgte ich das Wundern ab und auch das Gejammer des Kleinen, er würde seine Bratwurst später beim Rasenmäherrennen bekommen ...

Draußen vor dem Eingang waren auch die Groschen, pardon, Cents bei Männe durch, er klaubte den Einkaufszettel nochmal aus der Tasche, hielt ihn mir unter die Nase und fragte, was ich tun würde, das sei völlig falsch abgerechnet ... anstelle von zwei kleinen und zwei großen Regalen hatte die taube Nuss an der Kasse nur drei kleine Regale abgezogen und uns somit in ein moralisches Dilemma gestürzt ... wir sind keine Studenten mehr und hatten zwei Kinder dabei, denen man Vorbild vorleben soll, und ich wollte die Schuhschränke jeden Tag benützen können, ohne ein schlechtes Gewissen aufflammen zu erleben ... also waren wir uns einig, kehrten zur Kasse zurück, bezahlten den Rest, trollten uns zum Auto, freuten uns, dass alle Kartons prima in den Kofferraum passten und fuhren ab zum Rasenmäherrennen.
Männe war so mitgenommen, dass er fast noch einen Unfall verursachte, weil er unbedingt auf die falsche Abbiegerspur drauf wollte ...

Ich könnte mir vorstellen, dass so etwas bei IKEA noch nicht oft vorgekommen ist ... und es geht mir gut dabei ...

3 Kommentare:

  1. Wow, da kannst du aber wirklich stolz auf euch sein! Ich hätte es nicht getan. Aus Erfahrung weiß ich, dass schlechtes Gewissen - wie die meisten Dinge - nur eine Frage der Zeit ist. Irgendwann verbiegt man sich seine eigenen Erinnerungen so, dass sie mit dem stimmig sind, wie man es gern hätte. In dem Zeitraum, wo es noch da ist, ist es allerdings schrecklich, ein schlechtes Gewissen zu haben... Aber man lügt sich selbst ja bekanntlich am besten an.

    Köstliche Geschichte, wie ihr mit einem Wagen voller unnützer Sachen, aber ohne das eigentlich Gewünschte zurückgekommen seid! Kann ich gut nachvollziehen...

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  2. Vorbildlich.
    Ich selbst hätte es nicht gemacht. Aber bei mir ist es schon gewissensmäßig alles verloren.

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  3. mehr oder weniger war ich überaus überrascht über uns ... allerdings bleibt unklar, wann die Wende einsetzte ...

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